Einfacher Gegentaktverstärker

Moderator: suntri

Antworten
Benutzeravatar
pingi66
Fühlt sich wie zu Hause
Fühlt sich wie zu Hause
Beiträge: 484
Registriert: 28.11.2015, 21:06
Wohnort: Wolfsburg

Einfacher Gegentaktverstärker

Beitrag von pingi66 »

Hallo ins Forum,

viele NF-Verstärker bei Philips-Schaltungen haben den Nachteil, dass, auch wenn kein Ton aus dem Lautsprecher kommt, dennoch viel Energie aus der Batterie gezogen wird, weil dauerhaft ein Gleichstrom durch den Lautsprecher fließt. Das ist gerade für den Batteriebetrieb sehr ärgerlich.

Auf der Suche im Netz bin ich auf die (Elektroniker-) Seite unseres Mitglieds TKRoth gestoßen. Dort hat er den Schaltplan eines einfachen Gegentaktverstärkers vorgestellt, den ich gleich ausprobieren musste.

Der Verstärker lässt sich ohne Probleme mit den Philips-Bauteilen aufbauen und er versorgt den 150 Ohm Lautsprecher mit ausreichend Leistung.

Und natürlich ist es auch immer sehr interessant, die Eigenschaften mit LT-Spice zu simulieren. Zum Vergleich habe ich mal die einfache Verstärkerschaltung genommen, wie sie z. B. in den Radioversuchen (5.03) genutzt wird.

Die linke Seite zeigt den typischen Philips-Verstärker, die rechte Seite den Gegentaktverstärker. Zu dem ursprünglichen Schaltungsvorschlag von Thomas sind zwei Veränderungen vorgenommen:

- R3 geht nicht direkt gegen Batterie Plus sondern wird über den Lautsprecher versorgt. Das ergibt (jedenfalls nach LT-Spice...) weniger Verzerrungen.

- C4 mit 220 pF ist hinzugefügt worden, um die hohen Frequenzen zu begrenzen und Schwingneigungen zu unterdrücken.

Frequenzgang.JPG
Frequenzgang.JPG (225.77 KiB) 1246 mal betrachtet
Frequenzgang.JPG
Frequenzgang.JPG (225.77 KiB) 1246 mal betrachtet

Wie man gut erkennen kann, nehmen sich die Frequenzverläufe nichts. Allerdings benötigt der Gegentaktverstärker rund 8 dB weniger Pegel am Eingang, um auf denselben Pegel am Lautsprecher zu kommen.

Was sich zusätzlich positiv auswirkt (jedenfalls nach LT-Spice...), sind die geringeren Verzerrungen. Im folgenden Bild sind dazu die FFTen einer 1 kHz Schwingung am Lautsprecher dargestellt. Links wieder die Philips-Schaltung, rechts der Gegetaktverstärker.

Klirrfaktor.JPG
Klirrfaktor.JPG (321.09 KiB) 1246 mal betrachtet
Klirrfaktor.JPG
Klirrfaktor.JPG (321.09 KiB) 1246 mal betrachtet

Der Philips-Verstärker kommt auf -36 dB, was einem Klirrfaktor von 1,6 % entspricht. Mit -48 dB aber liefert der Gegentaktverstärker einen Hifi-verdächtigen Klirrfaktor von 0,4 %. Ob man das aber wirklich gehörtechnisch unterscheiden kann, mag gern diskutiert werden.

Sicherlich wahrnehmbar, weil einfach messbar, aber ist der große Unterschied in der Stromaufnahme. Hier benötigt der Gegentaktverstärker mit rund 6 mA gute 20 mA weniger als der Philips-Verstärker, der dauerhaft 26 mA aus der Batterie zieht.

Mein Fazit sieht daher sehr positiv aus:

- Mehr Leistung

- Weniger Verzerrungen

- Weniger Strombedarf

Klar ist das mit deutlich mehr Bauteilen verbunden, aber man kann ja nicht alles haben. :roll:


Grüße
Sven
Lutz
Stammgast
Stammgast
Beiträge: 122
Registriert: 15.12.2006, 15:52
Wohnort: Hannover

Re: Einfacher Gegentaktverstärker

Beitrag von Lutz »

Moin Sven!

Nach der alten Regel: "Es gibt nichts, was man nicht noch verbessern könnte..."

Und natürlich war Philips damals schon auf Umsatz bedacht, hihi. Auch wenn man nicht unbedingt Philips-Batterien nehmen muss.

Viele Grüße...
73, DL4OBG
Benutzeravatar
jurjen
Stammgast
Stammgast
Beiträge: 155
Registriert: 25.02.2007, 23:26
Wohnort: Groningen, Niederlande
Kontaktdaten:

Re: Einfacher Gegentaktverstärker

Beitrag von jurjen »

Diese Verbesserung werde ich gerne in die kommenden Wochen einbauen in meine letzte Aktualisierung von die 5.03 Reflex weil ich dessens exorbitante Stromverbrauch leider bestätigen muss ... . Und so viele extra Bauteile sind es auch nicht, vielleicht wird diese Variant dann die bevorzugte Transistor-Variant in meine Schaltungen für ein standard 100 Ohm Lautsprecher.

Sven, zwei Fragen an dir habe ich dan noch:
  • Im Vergleich zu den Push-Pull version 1.05 hatte ich auch in 1.05 ein 125uF Kondensator in serie mit der Lautsprecher erwartet (wie anwesend in deine / TKRoth's Schaltung sowohl in die EE2003 Push-Pull Verstärker 1.03), aber diese gibt es dort nicht. Vielleicht ein Fehler von Philips hier?
  • Die geänderte Kopplung der Basis von der oberste transistor (T3 in deine Schaltung) via R3 zu den Lautsprecher: Hier ist R3 = 1K angegeben. Das scheint mich ganz (zu) niedrig (im Hinblick auf der Stromverbrauch), aber kannst du deizen Wert bestätigen?
Danke!
/Jurjen
Benutzeravatar
pingi66
Fühlt sich wie zu Hause
Fühlt sich wie zu Hause
Beiträge: 484
Registriert: 28.11.2015, 21:06
Wohnort: Wolfsburg

Re: Einfacher Gegentaktverstärker

Beitrag von pingi66 »

Hallo Jurjen,

der hohe Stromverbrauch der standardmäßigen Verstärkerschaltungen bei Philips ist gerade für Batteriebetrieb sehr ärgerlich. Und genau deswegen benutze ich jetzt ausschließlich diesen einfachen Gegentaktverstärker. Hier nochmal die Endstufe, wie ich sie in dem KW-Reflex-Empfänger einsetze:

KW_Reflex_Rueckkopplung.JPG
KW_Reflex_Rueckkopplung.JPG (125.53 KiB) 269 mal betrachtet
KW_Reflex_Rueckkopplung.JPG
KW_Reflex_Rueckkopplung.JPG (125.53 KiB) 269 mal betrachtet

R3 ist hier auf 1,5k erhöht, was den Stromverbrauch nochmals senkt. Laut LT-Spice fließen dann so um die 2,5 mA durch R3, das sollten die Batterien schaffen. Also ja, den Wert kann ich bestätigen.

Aus Gründen der Einfachheit, habe ich auch die beiden 10 Ohm Emitterwiderstände weggelassen. Das erhöht allerdings auch wieder die Stromaufnahme. Da muss man einfach etwas experimentieren.

Bei der Verstärkerschaltung 1.05 wird kein 125 µF Elko benötigt, weil der Lautsprecher auf die halbe Beitriebsspannung, also zwischen die beiden 4,5 V Batterien, gelegt wird. Somit liegt der Lautsprecher praktisch gleichspannungsfrei, und es fließt durch ihn kein Ruhestrom. Einen Kondensator benötigt man, wenn man den Lautsprecher gegen Battrie Plus oder Batterie Minus legt. Das habe ich auch in einigen Entwürfen so gemacht, weil dann zum Ein- und Ausschalten der Schalter vom Poti ausreicht. Sonst ist immer das umständliche Verdrahten des Umschalters notwendig.

Viele Grüße
Sven
Benutzeravatar
jurjen
Stammgast
Stammgast
Beiträge: 155
Registriert: 25.02.2007, 23:26
Wohnort: Groningen, Niederlande
Kontaktdaten:

Re: Einfacher Gegentaktverstärker

Beitrag von jurjen »

Danke für diese Erklärungen, dan haben wir hier ein sehr optimalisierte (10 Ohm) und praktische Variant!
/Jurjen
Benutzeravatar
jurjen
Stammgast
Stammgast
Beiträge: 155
Registriert: 25.02.2007, 23:26
Wohnort: Groningen, Niederlande
Kontaktdaten:

Re: Einfacher Gegentaktverstärker

Beitrag von jurjen »

Hallo,

Ich weiß, es ist noch immer Sommer (und hoffe immer auf einzige schöne Tage), aber es fühlt schon an wie im Herbst, also das grosse Dunkel kommt bald und damit gibt es wieder Genehmigung für neue Philips-EE Projekte ... .

Ich bin gerade sehr begeistert von die praktische Vorteile der Gegentaktverstärker (alle Vorteile wie von Sven hier schon genannt kann ich aus meiner Praxis völlig bestätigen). Um aber das einzige Nachteil dieser Schaltung zu überwinden, nämlich der grosse Platzanspruch (fast ein Viertel der Schaltungslayout!), habe ich mich jetzt entschlossen eine einfache (und relativ einfach Selbst gefertigte) Platine (3x3) zu entwickeln:

Platine-design.png
Platine-design.png (153.54 KiB) 66 mal betrachtet
Platine-design.png
Platine-design.png (153.54 KiB) 66 mal betrachtet

Diese Platine soll:
  • In der Stelle der übliche BC238 Lautsprecherstufe passen, ohne das andere Teil der Schaltung-Layout negativ zu beeinflussen (also: der soll dort passen aber auch kein grosses "Leer" hinterlassen),
  • In alle EE2000 und auch EE2001 Schaltungen als Ersatz von die Lautsprecherstufe dienen können, ohne Beschränkungen,
  • Alle übliche Impedanzen einer Lautsprecher unterstützen (150, 15 und 8 Ohm) - also kein bedarf mehr an eine Audiotrafo,
  • Optisch nah an die weiße BC238 Originalplatine sein (es passt hier doch keine kleine 2x2 Platine weil jetzt drei transistoren und verschiedene andere Komponente enthalten werden),
  • Einfach durch jeder von standard "Stripboard" herzustellen sein.
Mit den Aufdruck "AB" ist eine Class AB Verstärker, also eine optimierte Gegentaktstufe ("Push-Pull") gemeint, siehe hier: link

Mehr Details fund Fertigungshinweise folgen selbstverständlich später noch!

Grüsse,

Jurjen
Antworten

Zurück zu „Anleitungen, Experimente, Fehlerbehebung, eigene Schaltungen“