Erste Gedanken zur Nutzung von Röhren mit dem Philips-System

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Henning
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Erste Gedanken zur Nutzung von Röhren mit dem Philips-System

Beitrag von Henning »

Hallo,

dieses Vorhaben spukt ja seit einiger Zeit in meinem Kopf herum: Ein Superhet-Empfänger mit Röhren, realisiert mit dem Philips-System.

Es gibt momentan zwei "Bücher" von Burkhard Kainka, die sich ausgiebig mit Röhrenschaltungen bei niedrigen Anodenspannungen auseinandersetzen:

"Lernpaket Röhrentechnik" (Franzis)
Als Aufbauplatte wird hier nicht (wie in vielen anderen Lernpaketen) ein kleines Steckbrett mitgeliefert, sondern eine ungelochte Platine. Jede Schaltung muss also gelötet werden, was mich schnell dazu gebracht hat, eine Röhrenfassung mit Drähten zu versehen und mit dem Philips-System weiterzuexperimentieren. In diesem Lernpaket wird die Pentode EF95 ausgiebig behandelt. Die Endverstärkung erfolgt bei vielen Schaltungen über ein LM386. Stattdessen kann aber auch problemlos der TBA820 aus den Schuco-Kästen genommen werden.

"Röhren-Projekte von 6 bis 60 Volt" (Elektor)
Dieses Buch geht nicht so systematisch vor wie das Lernpaket. Nach einem Einführungskapitel, das die Eignung verschiedener Röhren auf niedrige Anodenspannungen untersucht, folgen verschiedene Themenbereiche (Verstärker, Empfänger, Oszillatoren, Messgeräte), die mit unterschiedlichen Röhren realisiert werden. Gerade für gut klingende Leistungsverstärker werden höhere Anodenspannungen (40...60 V) benötigt. Mit 12 V lassen sich aber auch mit dem Philips-Equipment Klangqualitäten und Lautstärken erzielen, die den ursprünglichen Schaltungen (A1...3 bzw. 1.01...04) entsprechen.

Eine Umsetzung der alten Radiomann-Experimente sollte auch lehrreich sein.

Ich dachte daran, möglichst viele Elemente des Philips-Systems zu übernehmen:

Aufbauplatten
Sollten in allen drei Systemen (EE 1000, EE 2000, Schuco) groß genug sein.

Stromversorgung
Hier gibt es das erste Problem: Röhren, die mit niedrigen Anodenspannungen arbeiten, haben meist eine hohe Heizleistung (Röhren mit niedrigen Heizleistungen brauchen oft doch hohe Anodenspannungen), so kommen bei drei Röhren in einer Schaltung durchaus 900 mA oder mehr bei 6,3 V zusammen, so dass die normalen Mignon- bzw. Flachbatterien schnell leergelutscht sind. Das Schuco-Netzteil hat eine Ausgangsleistung von 350 mA...
Hier ist wahrscheinlich auch eine Abkehr von den traditionellen 9 V nötig. Da aber eh die Spannungsquelle geändert werden muss, stellt dies für mich kein Problem dar.
Bisher nutze ich Blei-Gel-Akkus in 6 und 12 V.

Lautsprecher
Mit dem 150-Ohm-Typ lässt sich eine brauchbare Lautstärke erzielen, mit dem 8-Ohm-Typ habe ich noch nicht ausgiebig experimentiert.

Potentiometer
Die haben bei Philips traditionell 10 kOhm. Die meisten Röhrenschaltungen enthalten Potentiometer, die deutlich höher dimsioniert (100k...1MOhm) sind. Bei den Philips-Kästen ist die Hinzunahme eines anderen oder zusätzlichen Potentiometers ohne größeren Aufwand bei Beibehaltung der Optik möglich. Bei Schuco wird es schwieriger.

Drehkondensatoren und Spulen
Die Schwingkreise der Philips-Schaltungen sollten sich problemlos in die Röhrentechnik integrieren lassen. Bisher konnte ich ein Audion mit der Mittelwellenspule und dem Einfach-Drehko realisieren. Bei den Oszillator- und Zwischenfrequenzspulen hoffe ich, dass sich in der Auswahl aus den 05er-Kästen (alt und neu) brauchbare finden lassen.
Hier endet für mich die Umsetzung auf dem Schuco-System...

Treiber- und Ausgangstrafo
Eigentlich war ich froh, dass sich beide in der alten Philips-Reihe finden ließen. Jedoch sind beide für Röhrenschaltungen (nach meiner bisherigen Erfahrung) nicht geeignet. Die Wicklungsverhältnisse sind zu gering.
Brauchbaren Ersatz liefert ein 230V-6V-Netztrafo. Hiermit habe ich die oben erwähnten guten Resultate erzielt.
Leider entfernt man sich damit sehr von der ursprünglichen Philips-Optik. Vielleicht lege ich ihn unter die Platte...

Widerstände, Kondensatoren
sind - wenn Sie nicht im Heizkreis liegen - ausreichend vorhanden und Spannungsfest.

Das wäre mein aktueller Stand zur Übernahme der alten Bedingungen. Zu meinen Ideen der Röhren-Platinen schreibe ich morgen weiter...

Swingende Grüße

Henning
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JeanLuc7
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Re: Erste Gedanken zur Nutzung von Röhren mit dem Philips-Sy

Beitrag von JeanLuc7 »

Salut,

wenn ich auch selbst nicht der große Röhrenfan bin, so klingt das doch nach einem spannenden Projekt. Ein paar Tipps zu den von Dir genannten Punkten habe ich schon einmal:

Stromversorgung: Ich denke, die meisten hier sind inzwischen weg von Flachbatterien und den Miniatur-Netzteilen, die man in den 70ern mitgeliefert bekam. Durch moderne Spannungswandler (1-2€ auf ebay für eine kleine Komplettplatine) lassen sich aus Standard-Netzteilen (diese variablen Ersatznetzteile für Notebooks) locker 2-3A bei 12V herausholen, ohne dass ein Bauteil zu heiß wurd. Und da diese Spannungswandler auch noch auf zehntelvolt geregelt werden können, sollte die Gewinnung der Beriebsspannungen eigentlich kein Problem sein. Bei Schuco passen die Wandler ins Gehäuse; bei Philips braucht man eben noch ein Extra-Gehäuse oder baut sie unterhalb des Schaltpults ein. Es gibt auch spezielle Step-Up-Konverter, mit denen man höhere Spannungen erzeugen kann. Für die Anodenspannungen würde ich aber eher auf herkömmliche Methoden zurückgreifen (Wechselrichter, Transformator, Diodenkette), weil man hier ja keine hohe Leistung braucht.

Lautsprecher: der 15-Ohm-Typ wurde immer mit einem roten Trafo geliefert, so dass die eigentlich für 150 Ohm gedachten Schaltungen auch dort funktionieren sollten. Das ist daher wahrscheinlich kein Problem. Der Trafo existiert auch noch bei Schuco mit den 8-Ohm-Lautsprechern.

Das eingelötete Schuco-Poti ist in gleicher und ähnlicher Bauform (möglicherweise ohne den Mitteldorn) nach wie vor erhältlich; das Original ließe sich daher gegen höher-ohmige tauschen.

Bin gespannt, wie es weitergeht.

Viele Grüße, JL7
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DC1MAK
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Re: Erste Gedanken zur Nutzung von Röhren mit dem Philips-Sy

Beitrag von DC1MAK »

Hallo Henning :-)

Mit Röhren habe ich sehr viel experimentiert, jedoch kaum auf EE-Platform (hatte mir aber seinerzeit mal eine Platine für einen Novalsockel geätzt).

Es gab in den 60ern für Autoradios Novalröhren, die mit 12 V Anodenspannung auskamen wie zB
die ECH83 als pendant zur ECH81 ....

Ansonsten läßt sich auch ein altes Batteriekofferradio ausschlachten, die da verwendeten
DK9x DF9x DL9x etc sind direkt geheizt (1,5 V Monozelle) und arbeiten mit 70 bis 90 V, die ich gern aus einem Bündel 9V-Blocks entnahm :-)

Falls interesse an einem alten Radio besteht (mit Schaltplan natürlich) PN an mich

73 de DC1MAK
Je schwächer meine Geräte, umso stärker meine Theorien (frei nach Prof.H.Haber)
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Henning
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Re: Erste Gedanken zur Nutzung von Röhren mit dem Philips-System

Beitrag von Henning »

Nach fast acht Jahren habe ich endlich mal ein Gerät fertiggestellt: Einen LW-Empfänger mit NF-Modul 8)

LW-Empfänger1.jpg
LW-Empfänger1.jpg (315.33 KiB) 1346 mal betrachtet
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Die Grundplatte ist eine „aufgebohrte“ EE-20-Platte. Oben in der Lampen-Öffnung steckt ein weiteres Potentiometer (Lautstärke), unten sind der Drehko und das Poti für die Rückkopplung verbaut.

Basis der Schaltung ist das „Pentoden-Audion“ von Burkhard Kainka (Link, die dritte Schaltung), wobei ich statt der EF80 eine EF98 genommen habe. Die Schwingkreisspule ist die LW-Spule mit der zweiten Wicklung als „Anzapfung“.

LW-Empfänger2.jpg
LW-Empfänger2.jpg (258.96 KiB) 1346 mal betrachtet
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Bei der Röhrenplatinen hatte ich die IC-Platinen der Schuco-Kästen als Vorbild (alle Eingänge links, die Ausgänge rechts, oben und unten die Stromversorgung), sodass ich bei der Pentode unten die Kathode, oben die Anode, das Steuergitter links, Schirm- und Bremsgitter rechts angeordnet habe. Die Heizung habe ich oben und unten mit Lötösen herausgeführt, damit man sie eventuell gesondert versorgen kann.
Bei der ECL-Verbundröhre hatte ich eine Platine gebaut, bei der alle Trioden-Anschlüsse auf der linken Seite und die der Pentode auf der rechten Seite waren. Allerdings führte das zu einem recht großen und unübersichtlichen Schaltungsaufbau, so dass ich mich zu dem NF-Verstärker-Modul entschlossen habe.
Die ECL80 läuft an 12V ziemlich gut. Besser als die vergleichbare amerikanische 12AL8 (Triode/Tetrode), die ja für diesen Zweck entwickelt wurde. Der Ausgangsübertrager ist der kleinste von Hammond.

NF-Verstärker.jpg
NF-Verstärker.jpg (465.95 KiB) 1346 mal betrachtet
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Der gesamte Aufbau bereitet allerdings einige Probleme. Ein LW-Empfang ist mir noch nicht geglückt. Ich kann zwar mit dem Prüfsender auf 200kHz ein Signal einspeisen, das Audion scheint also grundsätzlich zu funktionieren, Sender kann ich aber nicht empfangen.
Das Audion mit der EF98 hatte ich mit einer KW-Spule frei verdrahtet ausprobiert und konnte einige Sender deutlich empfangen. Das gelingt mir im Aufbau auf der Philips-Platte nicht (mit der gleichen KW-Spule). Eventuell machen sich die Kapazitäten der Verkabelung der Röhrenplatine bemerkbar oder etwas anderes.
Dazu kommt eine extreme Hand-Empfindlichkeit und ein deutlicher Anspruch an die Stromversorgung. Ein 12-V-Schaltnetzteil macht ordentlich Lärm, acht Mignon-Zellen in Reihe bringen kaum ein leises Flüstern zustande. Am besten geht es mit einem 12-V-Bleiakku.

Ich werde also den nächsten LW-Empfänger mit Transistoren aufbauen und bleibe mit den Röhren ersteinmal im NF-Bereich. Mal eine Polizeisirene probieren.

Viele Grüße

Henning
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