Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Nicht Kosmos, Philips und Schuco

Moderator: suntri

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KapoerSirih
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Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von KapoerSirih »

Ohne viel Aufwand Wasser destillieren:
Kochkolben.jpg
Alembic.png
Wie effizient funktioniert die Luftkühlung eines solchen Alembics?

MfG,

Richard
lydiaeule
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von lydiaeule »

Das funktioniert schon, aber eben nicht besonders effektiv.
Sich das zu überlegen dürfte auch nicht besonders schwer fallen.
Du heizt da Wasser auf 100°C hoch, was 4.19 kJ/kg K an Wärmeenergie verschlingt.
Dann verdampfst du das Wasser, was nochmal extra Energie kostet und zwar genau 2257 kJ/kg.
Die somit ins Wasser gesteckte Energie von, sagen wir mal bei 20°C Anfangstemperatur des Wassers, 2592 kJ (für 100% Umsetzungsgrad, also reine Theorie) pro Kilogramm Wasser allein zum Verdampfen ist eine recht große Menge Energie.

Um im Ableitungsrohr des Alembik den Dampf zu kondensieren mußt du zweierlei erreichen: 1. du mußt die Verdampfungswärme von 2257 kJ/kg abführen. Bei anfangs noch kaltem Gerät geht das auch ganz vorzüglich. das (zumeist) Glas nimmt die Wärme auf und kann an die Luft nur relativ wenig davon in kurzer Zeit abgeben, es sei denn du sorgst für einen beständigen Strom kühler Luft. Das Rohr hat eine aufs umschlossene Volumen bezogen doch recht kleine Oberfläche, die aber zum Wärmeaustausch dringend notwendig ist. Da du das kondensierte Wasser aber auch weiter abkühlen willst, sonst verdunstet es dir unmittelbar nach dem Austritt in die deutlich feuchtigkeitsärmere Luft gleich wieder, wäre es klar von Vorteil, eine Zieltemperatur bis zum Erreichen der Vorlage von 90°C oder deutlich darunter anzustreben, sodaß die Verluste durch Verdunstung in der Vorlage sich in Grenzen halten.
Einen thermodynamischen Trick verwendet der Alembik immerhin: der große Kugelkopf am oberen Ende, der dem Gerät auch die Bezeichnung "Maurenkopf" einbrachte sorgt für etwas energieverzehrende Arbeit beim austritt aus der Destillierblase, der Dampf führt eine adiabatische Expansion aus. Dies reicht aber nur bei kurz dauernden Destillationen, um nennenswert ins Gewicht zu fallen.
Das Erfolgsrezept des Alembiken war nicht die besondere Effektivität sondern die Einfachheit gegenüber anderen, effektiveren Apparaturen mit zumindest einem einfachen Kühlmantel.
Darum, so meine ich mich zumindestens zu erinnern, schlang man auch oft Tücher um das Dampfrohr, die man unter der Destillation mit kaltem Wasser übergoss, sodaß eine deutlich bessere Kühlwirkung zu erzielen war.

Moderne Destillationsanlagen haben nicht ganz umsonst oft aufwendige Kühlvorrichtungen. Je besser die Wärme abgeführt wird, umso geringer die Verluste durch nichtkondensierten Dampf.
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mjwolf
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von mjwolf »

lydiaeule hat geschrieben: Moderne Destillationsanlagen haben nicht ganz umsonst oft aufwendige Kühlvorrichtungen.
Oder akzeptieren die Energiekosten als notwendiges Übel [je nach Industriezweig halt] und arbeiten sogar noch mit Reflux - kostet zwar noch mehr Energie für's erneute Zirkulieren (weniger als man denkt, da das Zeug schon heiss ist), erhöht aber die Reinheit des Destillats. Stichwort: Rektifikationskolonne - davon stehen bei uns im Werk mehrere rum :-)

Super Beitrag übrigens!

VG
Martin

EDIT: Typo.
lydiaeule
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von lydiaeule »

Naja, Kolonnen zur Rektifikation sind ja nicht "einfach so" im Einsatz. Wenn man eng beieinander siedende Stoffe halbwegs sauber trennen will, dann muß man eben entweder zigmal mit geringer Trennschärfe destillieren, dabei vllt. noch mit angepaßten Drücken arbeiten, oder man hängt halt eine Kolonne dazwischen, die eben "in einem Durchlauf" die Gesamtzahl der Destillationen oder doch zumindest einen erheblichen Teil davon ausführt.
Rücklauf, oder wie du es nennst Reflux hat ja nicht selten auch einen ganz praktischen Sinn. Man denke an ein 2-Phasengemisch (z.B. Et-OH/H[sub]2[/sub]O/Benzol), dessen eine Phase den erwünschten Stoff (Et-OH) als Azeotrop abdestilliert, den unerwünschten Stoff (H[sub]2[/sub]O) aber weitgehend im Sumpf/der Destillationsblase läßt. Et-OH und Benzol destillieren über, trennen sich schließlich im Kondensat nach Phasen auf und wenn man nun das Benzol zurückführt (Rückfluß), dann braucht man eben nur sehr wenig Benzol, das dann weiteres Et-OH aus dem Sumpf schleppen kann. So spart man deutlich Energie und Schleppmittel.
Eine Kolonne ist natürlich noch um einiges komplizierter, aber ganz grob drübergeschaut ist das eben auch ein Mittel, Energie (und Zeit) zu sparen, denn man verringert damit die Anzahl der benötigten Destillationen bis zur gewünschten Reinheit oder ermöglicht diese Trennung auf diese Weise überhaupt erst.

btw, vielen Dank für das Lob (so es denn nicht ironisch war [anm. d. Autorin: sorry, bin bei sowas ein bischen paranoid])

LG,

die eule
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mjwolf
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von mjwolf »

lydiaeule hat geschrieben: Naja, Kolonnen zur Rektifikation sind ja nicht "einfach so" im Einsatz.
Oh... gerade gemerkt: Du hast von "modernen Destillationsanlagen" geschrieben. Irgendwie denke ich beim Begriff "Anlagen" immer an industrielle Gross-Chemie... Du könntest aber auch an moderne Glasapparaturen fürs Labor gedacht haben...
lydiaeule hat geschrieben: Rücklauf, oder wie du es nennst Reflux hat ja nicht selten auch einen ganz praktischen Sinn. Man denke an ein 2-Phasengemisch (z.B. Et-OH/H[sub]2[/sub]O/Benzol), dessen eine Phase den erwünschten Stoff (Et-OH) als Azeotrop abdestilliert, den unerwünschten Stoff (H[sub]2[/sub]O) aber weitgehend im Sumpf/der Destillationsblase läßt.
(...)
So spart man deutlich Energie und Schleppmittel.
Yep, das heisst bei uns "extraktive Destillation" (korrekte wäre natürlich extraktive Rektifikation). Ich meinte das durchaus allgemeiner: In der Gross-Chemie werden Kolonnen normalerweise immer mit Rückfluss betrieben, einfach um _relativ_preiswert_ die Trennschärfe zu erhöhen. [Kolonnen ohne Rückfluss heissen da "Stripper"].
Sobald Du ein Extraktionsmittel (Trennmittel) hast, brauchst Du danach halt noch 2-3 andere Kolonnen, um das wieder abzutrennen, zu waschen etc. :-) Andererseits bestehen Anlagen ja auch fast nie nur aus einer Kolonne, meistens kannste da noch ne Null dranhängen, insofern sind diese zusätzlichen 2-3 auch kein riesen Ding.
lydiaeule hat geschrieben: btw, vielen Dank für das Lob (so es denn nicht ironisch war [anm. d. Autorin: sorry, bin bei sowas ein bischen paranoid])
War Ernst gemeint.

VG
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von lydiaeule »

Hmm, joah, das war erstmal im Labormaßstab gemeint. Schließlich sind Retorten und Alembiken auch eher Labormaßstab.
Einer der Unterschiede zur großindustriellen Anlage dürfte die Möglichkeit zum kontinuierlichen Betrieb sein. Im Labor wirst du kaum eine Anlage finden, wo am einen Ende aus dem Reservoir Ausgangssubstanz reinkommt, und am anderen Ende das oder die Produkte und die eben einfach immer so lange weiterläuft, wie Edukte und Energie vorrätig sind.
Sowas findet sich wohl am ehesten in der Industrie, wo eben schon mal im "multimillionen-Tonnen-Maßstab" "wie am Fließband" produziert wird. Daß da dann eben nicht eine einzelne kleine Kolonne oder gar eine einzelne Destillationsblase üblich sind versteht sich irgendwie von selbst. Aber auch da wird die zusätzlich eingesetzte Kolonne mit Rückflußkühler und Rücklaufteiler und wer weiß was noch alles garantiert einen Sinn haben, und sei es nur, eben den kontinuierlichen Betrieb zu ermöglichen, statt halt "kanisterweise" arbeiten zu müssen.
Ich habe davon immer die Vorstellung wie von einem Ökosystem im Regenwald, wo nach Ort und "Etage" unterschiedliche Spezies dominieren oder umgekehrt auch komplett fehlen können, aber alles eben ohne scharfe Trennung, nur daß es hier eben um Molekülspezies geht und nicht um Lebewesen.
Schließlich kann man die stattfindenden Reaktionen und Verhaltensweisen ja ganz gut berechnen und steuern, indem man Druck, Temperatur usw. passend einstellt.
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von mjwolf »

lydiaeule hat geschrieben: Ich habe davon immer die Vorstellung wie von einem Ökosystem im Regenwald, wo nach Ort und "Etage" unterschiedliche Spezies dominieren oder umgekehrt auch komplett fehlen können, aber alles eben ohne scharfe Trennung, nur daß es hier eben um Molekülspezies geht und nicht um Lebewesen.
Ziemlich passende Vorstellung, zumindest für eine Momentaufnahme. Wenn man die Kolonne über einen längeren Zeitraum betrachtet (sprich: die Dynamik anschaut) kann man sie, wie Du schon sagst, recht gut regeln, natürlich aber auch voll gegen die Wand fahren, soll heissen, durch zuviel Energieeintrag im Sumpfumlauf alles (also auch die Schwersieder) oben rausblasen oder, durch zuwenig Energieeintrag, alles durchregnen lassen (Leichtsieder in den Sumpf)... soll heissen, obwohl eine industrielle Kolonne speziell für ein bestimmtes Stoffgemisch konstruiert ist (was bei Laborgeräten eher nicht der Fall ist) läuft sie nicht zwangsläufig optimal (oder auch nur richtig), sondern die Fahrweise - sprich der Mensch, der davor sitzt - ist genauso wichtig. Im Regenwald wird es eher selten vorkommen, dass sich plötzlich alle Lebenwesen der oberen Etagen entscheiden, auf den Erdboden hinabzusteigen... :-)

VG
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von lydiaeule »

Hmm :twisted: bricht am Boden Feuer oder eine große Flut aus (im Amazonasbecken in Südamerika jährlich in der Regenzeit) oder sind mal wieder Marabunta-Ameisen unterwegs, schon klettern alle nach oben - Zuviel Energie im Sumpf.
GGehen Menschen mal wieder mit dem Sprühflugzeug gegen vermeintliche Schädlinge vor, schon regnet es Bewohner der oberen Etagen .... ;)
Daß das natürlich alles korrekt gesteuert werden muß ist klar.

Eigentlich ging es aber um Alembiken im Thread. Den Sidekick zu den Kolonnen brachte ich ja nur, um die Trennschärfe-Energiebilanz dieser mittelalterlichen Geräte in eine verständliche Relation zu bringen.
Der TO(@Richard) fragte schließlich, wie effizient das sein könnte. Da steckt implizit ja mehr drin, als nur ein "kann ich das sinnvoll ausprobieren".

Ergo: Zur Anschauung historischer Arbeitsweisen oder als Notbehelf, klaro, lohnt schon, das mal versucht zu haben.
Um auf diese Weise günstig mal an D-Wasser zu kommen, Dummfug, dann besorg dir lieber "was Richtiges" (meint für die Destillation von Wasser) Rundkolben & Claisenbrücke oder eben fertig kaufen, es sei denn dir steht unbegrenzt Energie kostenlos zur Verfügung, also Solarwärme, Erdwärme oder so, denn dann ist es eh Wurst.

Ein interessanter Ansatz kam mir einmal unter: wenn der Stubenofen brannte destillierte stets etwas Wasser luftgekühlt in den D-Wasser-Tank rüber, im Sommer übernahm das einfach ein kleiner Solarofen und etwas schwarze Farbe um die Destillationsblase.
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von mjwolf »

... nachts um 3 schon wieder zu Hause, und dann nichts besseres zu tun als Dich hier einzuloggen? Dann hoffe ich mal, dass die Sylvester-Party trotzdem gut war... ;-p

VG
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von lydiaeule »

Dir auch ein schönes neues Jahr. :D

Naja, "Party" ist wohl der falsche Ausdruck, eher ein gemütliches zusammenhocken bei gutem Essen, legga Teechen und angenehmer Musik. Klar auch mit ein wenig Feuerwerk :)

"Party" ist normal kein Event, das ich aufsuchen würde. :twisted:

LG,

die eule
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von mjwolf »

lydiaeule hat geschrieben: Dir auch ein schönes neues Jahr. :D
...uuups, meine Manieren spüren wohl noch die Nachwirkungen der Sylvester-Party (auch eher ruhig, aber lang und gut - definitiv nichts, was ein jetzt Teenie als Party bezeichnen würde _g_ ), sonst hätte ich das Prosit Neujahr wohl nie als Suchaufgabe in hellblauer Schrift auf hellblauem Grund gleich in die erste Zeile meines letzten postings geschrieben... :oops:
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Re: Was meint ihr zur Luftkühlung bei Wasserdestillation?

Beitrag von lydiaeule »

mjwolf hat geschrieben:
lydiaeule hat geschrieben: Dir auch ein schönes neues Jahr. :D
...uuups, meine Manieren spüren wohl noch die Nachwirkungen der Sylvester-Party (auch eher ruhig, aber lang und gut - definitiv nichts, was ein jetzt Teenie als Party bezeichnen würde _g_ ), sonst hätte ich das Prosit Neujahr wohl nie als Suchaufgabe in hellblauer Schrift auf hellblauem Grund gleich in die erste Zeile meines letzten postings geschrieben... :oops:

Ohoh, habe ich da mal wieder ein Fettnäpfchen erwischt?
Naja, wiedemauchsei, ich tendiere weniger zum Partytier als zur Laborratte.
aber das kannst du nicht wissen. :D
Alles Gut! (hoffe ich wenigstens)

LG,

Lydia,

die eule
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