Essay: Die zweite Kosmotronik-Generation (X*000-Serie) ab '85 im Vgl. zur ersten Generation (E200 u. Co))

alles was sich auf den ganzen Kasten oder eine Kastenserie bezieht

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BobaFET
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Essay: Die zweite Kosmotronik-Generation (X*000-Serie) ab '85 im Vgl. zur ersten Generation (E200 u. Co))

Beitrag von BobaFET »

Hallo Foristen,

wünsche Euch allen ein gutes, gesundes und erfolgreiches neues Jahr!

Ich habe übers Jahr immer wieder an einem Essay gearbeitet, was die Unterschiede der zweiten im Vgl. zur ersten Kosmotronik-Generation ausarbeitet, das dürfte für alle interessant sein, die nur eine Generation kennen - oder auch für die, die eher in anderen Experimentiersystemen heimisch sind als bei Kosmos. Oder einfach der Nostalgie wegen...

Vielleicht kann ja einer was ähnliches schreiben über den Unterschied der zweiten (X*000-Serie) zur dritten Generation (XN*000-Serie) - mit letzterer kenne ich mich (noch) nicht aus, würde mich aber interessieren. Viel Spaß also beim Lesen ... Ergänzungen sind wie immer willkommen, vielleicht weiß auch jemand Antworten auf die rot markierten Fragen ...

Gruß
Stephan
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Der Geist der Zeit

Während die Ära der ersten Kosmotronik Generation geprägt war durch preiswert verfügbare diskrete Halbleiter und immer mehr verbreitete Integrierte Schaltkreise, kam die zweite Generation zu einer Zeit auf den Markt, als Mikroprozessoren in Heimcomputern, Großrechnern und Computer-Arbeitsplätzen sich immer mehr durchgesetzt hatten. Mit DFÜ und Akkustikkopplern hatte eine erste Vernetzung begonnen. Allerdings war die Bedienung eines Rechners für den Durchschnittsbürger immer noch Hexenwerk und Alchimie. Die Musik war immer mehr und nachhaltiger geprägt von Synthesizern, Sequenzern und Drum-Computern sowie diversen Effektgeräten (v.a. der Fuzz-Effekt bei E-Gitarren). Jeder Schüler hatte oder wollte einen Kassettenrecorder ("Ghetto-Blaster"), dann kam der Walkman. Die HiFi-Branche boomte. Es gab Dreikopfdecks mit Dolby B und C und MPX-Filter, Tuner mit programmierbaren Senderplätzen. Mit der CD hatte die Digitalisierung ihren Siegeszug in alle Haushalte angetreten. Programmierbare VHS-Videorecorder hatten sich großflächig durchgesetzt. Farbfernsehen war längst Standard, neu hinzu kamen BTX und Bildschirmtext. Die Integration und Miniaturisierung immer komplexerer Systeme hatten begonnen. Überall gab es neue Anwendungen der Elektronik, vor allem Mikroelektronik. "Fly-by-Wire" war das Zauberwort in der Avionik. Motorelektronik, ABS und ASR hielten Einzug in die Autos, der Airbag wurde entwickelt und die immer ausgereiftere Robotik veränderte die Industrie nachhaltig. CAD, CAE und CIM veränderten die Entwurfs-und Fertigungsmethoden entscheidend. Unzählige Monteure, techn. Zeichner und Setzer mußten umgeschult werden, weil durch die Elektronik ganze Berufsstände obsolet wurden. Barcode-Leser setzen sich langsam durch. Im Nachhinein muß man wirklich sagen, daß das eine richtige Umwälzung, eine Revolution war, die sich da in recht kurzer Zeit vollzogen hatte. Damit war auch klar: Elektronik war nun viel, viel mehr geworden als nur die Radio- und Funktechnik. Entsprechend kleiner wurde das Gewicht der Radiotechnik in den neuen Kästen.

Neues, modulares Baukastenkonzept

Die Kästen bauten nun systematisch aufeinander auf. Sie wurden in vier Ausbaustufen - nun mit englischen Namen versehen - als X1000 "Beginner", X2000 "Explorer", X3000 "Specialist" und X4000 "Professional" vertrieben, wobei jede Stufe mittels der drei Ausbaukästen X1500, X2500 und X3500 jeweils auf die nächsthöhere gebracht werden konnte (kann mich noch erinnern, erstmal im Wörterbuch nachgeschlagen zu haben, was denn bitte Explorer bedeutet). Der Ansatz war wesentlich effizienter, klarer und verständlicher als das Konzept der Übergangskästen Ü1, Ü2 und Ü3 der ersten Kosmotronik-Generation.
Mit jeder Ausbaustufe kam eine neuer Einsatz dazu. Die Styroporschale als Träger war immer die gleiche, nur wurde sie mit jeweils neuen/anderen Bauelementen nebst gelben Papierstücken zur deren genauen Bezeichnung befüllt und mit Aufklebern in Fünf-Mark-Stück-Größe in verschiedenen Farben und Nummern in römischen Ziffern bezeichnet.

Viel Luft

Der X4000 hatte somit also die Schalen I-IV und war damit ein Monster: Dessen Verpackung hatte genau die Ausmaße von zwei Labor E200 Verpackungen (bei gleicher Höhe maß die Längsseite des X4000 das Doppelte der Breitseite des E200, die Breitseite des X4000 entsprach genau der Längsseite des E200). Teils mag die viele Luft dem modularen Ansatz unter Verwendung der gleichen Schalen für alle Einsätze geschuldet gewesen sein. Andererseits beschlich einen das Gefühl, daß die Marketingabzuteilung hier ganz bewußt dafür gesorgt hatte, daß die Kästen ziemlich aufgebläht wurden, das meiste am verkauften Volumen Luft war und die Bauelemente in ihren viel zu groß wirkenden Fächern oft recht verloren aussahen. "Make it look big" war hier das Motto.

Alles "easy" oder was?

Die Montage beschränkte sich auf Festschrauben von vorgefertigten Platinen. Das Wickeln von Spulen war nun vollkommen passé. Statt dessen hab es fertige Radio-Steckmodule (das UKW-Modul immerhin mit einem verbauten Sperrschicht (also J-) FET - wohl das erste Mal bei Kosmos, daß ein diskreter FET Verwendung fand). Ein Zugeständnis an die Bequemlichkeit. "Plug-and-Play", zehn Jahre bevor der Slogan in der Welt der kommerziellen SW das Schlagwort wurde. Ob dieses Zugeständnis an die Bequemlichkeit gut für die Entwicklung von Heranwachsenden ist, halte ich heute jedoch für fraglich. All die Montageschritte, all das Zusammensuchen der Einzelteile anhand von Inhalts-Abbildungen schulten in der ersten Kosmotronik-Generation Denk- und Vorstellungsvermögen und förderten Charaktereigenschaften wie Ausdauer, Geduld, Eigenständigkeit und Disziplin. Und fürs Selbstbewußtsein, für das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten war die Genugtuung, die Belohnung, wenn es fertig montiert war und schlußendlich dann auch funktionierte, doch auch nicht ganz ohne Gewicht.

In der zweiten Kosmotronik-Generation verschwanden einige Dinge

Die Preise für LEDs müssen bis dahin derart gesunken sein, daß es nun keine Glühbirnchen mehr gab (dürfte wohl kiner vermißt haben), sondern ausschließlich LEDs Verwendung fanden, selbst in den Einsteigerkästen. LEDs waren von den Bedienpulten verschwunden, sie wurden - genau wie auch IR-LED und Fototransistoren (diese ersetzten die in der ersten Generation z.T. noch verwendeten LDRs, die es nun auch nicht mehr gab) - direkt in die Kontaktfedern gesteckt. Es gab keine Schiebeschalter und keinen Drehko mehr, das Vierfach-OP-Modul war ebenfalls verschwunden. Allerdings tauchten diese letzten zwei in der dritten Kosmotronik-Generation im XN-3000 wieder auf, wie ich gelesen habe. NF-Buchsen zum Anschluß von externen Audio-Geräten (je 1x externer Block f. 5-pol. Diodenstecker u. Lautsprecherbuchse im R+E101, das gleiche 2x u. elegant in die Seitenpaneele des Labor E200 integriert) gab es keine mehr. Ferrit-Kerne bzw. diskrete Spulenkörper mit HF-Kernen waren nun auch gänzlich verschwunden (s. letzter Abschnitt) - einzige Ausnahme war der Radio-Tech, über den ich erst vor kurzem erfahren habe, da gab es wohl ein fertiges Modul mit einer Ferrit-Antenne, die der des E200 verdächtig ähnlich sah. Wurden im R+E101 noch Bündellinsen für die Optoelektronischen Komponenten nebst Spezialgehäusen zur Verbauung geliefert, so waren im Infrarot-Ausbaukastem "E202" des Labor E200 immerhin noch die Linsen enthalten. In der zweiten Kosmotronik-Generation hingegen gab es keine Linsen mehr. Einzige Ausnahme war der Ausbaukasten "HighTech" (s.u.), der u.a. eine optische Bank mit Linsen und den entsprechenden Haltern bot.

Pult-Design

Die Plattform wurde von der Geräte-Optik (Aufbauplatten, Frontbleche bzw. Paneele und ggfs. optional: Abdeckhauben aus transparentem Kunststoff in Rauchglasoptik) der ersten Generation zu einem bunten Pult-Design geändert. Ausladende Pulte, die mehr als doppelt so viel Platz benötigten als z.B. die Frontpaneele der R+E 100/101 Kästen. "Make it look big" schien auch hier wieder die Devise einer übermächtig gewordenen Marketingabzuteilung zu sein.
Dazu wurde das Design bunter: Schreiend gelb-orange Poti-Knöpfe, die extrem viel Spiel (im Pult - nicht im Poti selbst!) hatten und folglich "rumeierten wie ein Kuhschwanz". Wenn man die Präzision der in den Frontplatten montierten Bauteile und die durch professionelles Understatement geprägte Gestaltung der ersten Kosmotronik-Generation gewohnt war, dann mußte man einfach enttäuscht sein von diesem "Kinderdesign".
Keine Ahnung, ob das schon immer so war, und mir einfach damals nicht weiter auffiel, oder ob aufgrund der Verwendung von unterschiedlichem Kunststoff-Granulat bei der Herstellung die Elemente anders gealtert sind: Fakt ist jedenfalls, daß die Pulte heute einen von den Aufbauplatten leicht, aber doch deutlich erkennbar, abweichenden Farbton haben. Die einstmals weiße Beschriftung auf den Klebestreifen der Pulte ist nun leider sehr grün-stichig geworden - trotz Lagerung im Originalkarton. Das Labor E200 scheint dagegen in seiner zeitlosen Eleganz und Robustheit für die Ewigkeit gebaut zu sein ...

Aufbauplatten

Die Aufbauplatten wurden nun weitaus schlichter, leider aber auch dünner (geringere Höhe). Die Konsequenz daraus war, daß zusammengesteckte Platten u. Pulte aufgrund der geringeren Höhe und damit der wesentlich schlechteren Verwindungssteifigkeit nicht annähernd die mech. Stabililität der Vorgängergeneration erreichten.
Statt der drei verschiedenen Aufbauplatten (V, E u. IC) von früher gab es nun nur noch einen einzigen, rechteckigen Typ. Die eleganten Abdeckhauben aus transparentem Kunststoff in Rauchglasoptik der ersten Kosmotronik Generation waren nun auch Vergangenheit.
Eine Kompatibilität zu den alten, quadratischen Kosmotronik-Steckplatten der alten Generation war nur teilweise gegeben. Da diese 12x12 cm maßen, konnte man sie ja nach Belieben drehen. Beim rechteckigen Design fehlte diese Flexibilität. Und Kompatibilität beim Abstand der Nuten für die Verbindungsstifte war nur innerhalb einer einzelnen Platte gegeben, da das Rastermaß bei zwei miteinander verbundenen rechteckigen Platten an den Stoßstellen nicht mehr gegeben war (egal, ob sie entlang der kurzen oder langen Seite miteinander zusammengesteckt waren, es paßte in keinem Fall). Ich hätte eine Dimensionierung von 12x18 cm für sinnvoller gehalten, dann hätte man drei der alten Platten an zwei der neuen elegant mit Hilfe der Verbindungsstifte anflanschen können.
Besonders ärgerlich muß das für die Käufer des CP1 Kastens "Computer-Praktikum" gewesen sein, der weiter vertrieben und beworben wurde und dann irgendwann leider eingestellt wurde (sehr schade, denn der Kasten bot einen leichtverständlichen, kurzweiligen und trotzdem tief gehenden Einstieg in die Welt der Mikrocomputer und ließ sich ideal mit Elektronik-Komponenten der ersten Kosmotronik-Generation mittels Port-I/O kombinieren, aber das ist ein anderes Thema ...) Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, daß man das Handbuch des CP1 umgeschrieben, sprich die Aufbaubilder den neuen Aufbauplatten angepaßt hat. (Weiß jemand was von Auflagen nach der Erstauflage '83?) Zudem waren fehlten in den neuen Aufbauplatten die schlitzförmigen Aussparungen an den beiden Längsseiten der Steckfedern, wo u. a. die alten Taster u. Anschlußbleche der Antennen u. der Erde gesteckt wurden. In genau diese wurden nämlich die Steck-Gabeln der Port-Verbindungskabel gesteckt, die den Prozeßrechner CP1 mit Kosmotronik-I-Aufbauplatten als Peripherie verbanden.
War die Drahtbrücken-Biege-Vorrichtung der Kosmotronik-I-Aufbauplatten noch dezent in einer Ecke der Unterseite der Platte in Form von vier Aussparungen untergebracht, wo sie nach Gebrauch nicht weiter auffiel, so war diese bei den neuen Kosmotronik-II-Aufbauplatten auf der Oberseite stets sichtbar, genauso wie ein Batteriefach zur Aufnahme eines 9V-Batterieblocks, was aber nicht benötigt wurde, sobald man ein Pult (mit innenseitig integriertem Batteriefach) zur Verfügung hatte. Der Vorteil der neuen Biegevorrichtung jedoch war, daß die Drahtbrücken wunderbar gerade gerieten, was vorher nicht der Fall war (selbst auf Werbephotos sahen diese teilweise, naja, sagen wir mal suboptimal, aus).
Anders als die alten, quadratischen Kosmotronik-Aufbauplatten, hatte die neue Aufbauplatte einen umgehenden erhöhten Rand, der die Nuten für die Verbindungstifte nach oben abschloß.

Versorgungsspannung

War die Versorgungsspannung in der ersten Kosmotronik-Generation noch bei 4,5 Volt (bzw. 2x 4,5 V beim Labor E200), so wurden nun alle Kästen mit einer 9V-Blockbatterie betrieben, welche unter das Pult geklemmt und deren Pole auf fixe Steckfedern in den Aufbauplatten geführt wurden, mit dem weiter unten beschriebenen Nachteil des erhöhten Verdrahtungsaufwandes gegenüber der Vorgängergeneration.

Bauelemente

Die Ausstattung an Bauelementen war beim X4000 ziemlich ähnlich der des Labor E200. Widerstände, Dioden, Elkos und Kondensatoren mußten aber nun nicht mehr gebogen werden, sondern lagen den Kästen bereits fertig konfektioniert bei.
Ein Fortschritt bedeutete das Konzept, diese Bauteile auf Träger aus Pappe aufzubringen, die mit den Werten und - im Falle der Widerstände - den entsprechenden Farbcodierungen bedruckt waren. Das machte die Fähnchen mit Bauteilwerten von früher überflüssig, die Handhabung der Bauelemente wurde sehr viel übersichtlicher und man lernte ganz nebenbei die Farbcodierungen - die kenn ich auch heute sogar noch in- und auswendig.
Allerdings waren diese Papp-Träger alles andere als kompakt. Auch hier schien die Marketingabteilung das Motto "Make it look big" durchzusetzten.

Andere Freiheitsgrade in der Verdrahtung: Pro und Contra

Da nun die in den Pulten verbauten Elemente (Lautsprecher, Potis, Meßinstrument, Drehschalter) auf fertig bestückten Leiterkartenmodulen daherkamen und mittels Lötnägeln auf festgelegte Steckfedern geführt waren, war eine effektive Verdrahtung schwieriger als im alten Kosmotronik-System, wo die Drahtenden dieser Elemente beliebig gesteckt werden konnten und keine langen Pfade mittels Drahtbrücken zu fixen Steckfedern erforderlich waren. Das war der Preis, mit dem die Vermeidung von lose herumliegenden Drahtenden (wie v.a. beim Labor E200) der nicht benötigten Elemente erkauft wurde.
Die Auslieferung der Transistoren auf kleinen Steckplatinen brachte natürlich mehr Flexibilität gegenüber den alten Aufbauplatten, wo die Transistoren dedizierte Steckplätze hatten, und die Zahl der Transistoren pro Platte auf einen (Aufbauplatte "V") bzw. zwei (Aufbauplatte "E") begrenzt war, was in einigen Schaltungsaufbauten des R+E 100/101 zur Zweckentfremdung von drei der für das Steckpoti vorgesehenen Steckfedern als Transistorsteckplatz führte. Da jedoch selbst im X4000 lediglich zwei Transistoren (plus Komplementär-Typ) - wie im Labor E200 - enthalten waren, dürfte die Unterbringung der Transistoren eigentlich kein so großes Problem gewesen sein - das hat ja auch im Labor E200 ganz gut funktioniert. Natürlich entfiel durch die Steckplatinen das "Transistorbeinchen-Biegen" von früher.

Handbuch

In den Einsteigerkästen wurde die Comic-Figur Daniel Düsentrieb bemüht, da Interesse der Kleinen an der Elektronik zu wecken. Das fand ich schon als 14-Jähriger sehr abschreckend (entweder interessierst Du Dich für Elektronik und kannst Dich für abstrakte und für andere Leute "trockene" Themen begeistern, oder Du läßt es und liest weiterhin Comics, das war und ist jedenfalls meine Meinung), und war sehr froh, daß der Spuk ab dem X3000 "Specialist" vorbei war. Das änderte zwar nicht daran, daß auch Besitzer der Kästen für Fortgeschrittene bestimmt indirekt die Lizenzgebühren mitfinanzieren mußten, aber gut.
Vom Labor E200 wurden große Teile der Theorie im X4000 übernommen, teilweise aber auch etwas überarbeitet und entstaubt. Der Schreibstil war flüssiger, unbeschwerter und lebendiger geworden. Daran, Gutes, das sich bewährt hat, weiterzuverwenden finde ich nichts Verwerfliches, man braucht ja das Rad nicht immer neu zu erfinden. Trotz vieler Überschneidungen hinsichtlich Theorieteil und Schaltungen fand sich doch viel neues und Interessantes, z.B. Thyristor, Phasenanschnittsteuerung und viel mehr zum Thema Digitaltechnik.
Die Struktur des Handbuches war um einiges besser als die des Labor E200 (Theorieteil, Gemischte Schaltungen, Montage, Materialkunde und am Schluß ein angehängter UKW-Versuch, das war im E200 Handbuch schon etwas wirr), allerdings fehlt nun der Materialkundeteil. Bei vergleichbarer Dicke ist die Anzahl der Formeln im X4000 doch deutlich geringer im Vergleich zum Labor E200. In der ersten Auflage des Handbuches gibt es im Unterschied zu dem des E200 keine durchgehende Verwendung von Indizes im Text bei der Bezeichnung von Bauelementen und in den Formeln. Was als Index gesetzt gehört hätte, erschien oft, aber nicht immer in normaler Formatierung. Ein trauriger typographischer Rückschritt (weiß jmd. ob das in den folgenden Auflagen verbessert wurde?).
Ein sehr positives Novum war eine Kopiervorlage mit Blanko-Bild der Aufbauplatte und Karofeld zum Erstellen eigener Schaltungsideen. Allerdings bei so wenig Materialkunde ein riskikoreiches Unterfangen.

Trotz aller Kritik muß ich sagen, daß ich am intensivsten mit dem X4000 experimentiert und das Handbuch damals von der erstern bis zur letzten Seite mit viel Begeisterung und Freude durchgearbeitet und alles voller Interesse in mich aufgesogen hatte. Kein Lehrer hätte das je leisten können, was ich mir auf diesem Weg autodidaktisch erschließen konnte.

Ausbaukasten "HighTech"

Leider gab es nur einen einzigen Ausbaukasten in dieser Generation (Zum Vergleich: Das Labor E2oo der ersten Kosmotronik Generation hatte ja zunächst zwei, später vier Ausbaustufen). Um alle Versuche durchzuführen brauchte man einen X4000, ein Teil der Versuche war auch mit einem X3000 oder gar nur mit einem X2000 möglich. In der Überschrift eines jeden Versuches war genau angegeben, mit welchen Basiskästen dieser durchführbar war. Der Kasten enthielt hochinteressante, bislang nicht da gewesene Bauelemente, z.B. HALL-IC, PTC, PLL, Solarzelle, Glasfaser mit Spezial-Optoelektronik-Elementen und die schon oben erwähnte optische Bank, die sich in die für die Verbindungstifte gedachten Nuten einklemmen ließ (allerdings waren die Toleranzen zu eng, man brauchte viel Kraft, wenn nicht Gewalt, um deren Teile rein- und auch wieder rauszudrücken). Dieser Kasten war wirklich am Puls der Zeit und erschloß hochaktuelle, praktische Anwendungsgebiete. Die Fülle an aktuellen Bauelementen und neuen Versuchen wogen für E200 Besitzer die Überschneidungen von E200 und X4000 mit diesem Ausbau bei weitem aus, so daß es sicher kein Fehler war, sich auch diese neuen Kästen zuzulegen.
Während die Ausbaukästen E201-203 des Labor E200 nur dünne Anleitungsheftchen hatten, welche sich nicht allzulang bei Theorie und Grundlagen aufhielten, war das Anleitungsbuch des HighTech ein vollwertiger Kurs, der dem von von E200 und X4000 weder in Tiefe noch Umfang nachstand. Fürs Geld bekam man also hier für den Ausbau unterm Strich mehr.

Schade jedoch, daß man seither sowas wie Digital-Zähler-Module mit 2x7-Segment-Anzeige (außer im Micro-Controller-Kasten, viel, viel später, glaube ich) und Leistungsverstärker nie mehr im Kosmos-Programm sah. Die Labor-E200 Ausbaukästen schienen wohl nicht so gut zu laufen wie geplant. Ich habe meine jedenfalls '87 gekauft, nachdem sie offensichlich jahrelang Ladenhüter gewesen waren. Lag wohl auch am Preis, denn für Schüler waren sie nicht ganz billig. Heute bin ich aber sehr froh, daß ich sie mir damals gekauft habe.
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Re: Essay: Die zweite Kosmotronik-Generation (X*000-Serie) ab '85 im Vgl. zur ersten Generation (E200 u. Co))

Beitrag von wolfgang »

Hallo Stephan,

vielen Dank für deine ausführliche Beschreibung der zweiten Kosmotronik-Generation. An vielen Stellen finde ich mich da wieder. Ein für mich wesentlicher Punkt ist allerdings noch nicht enthalten.

Batterieschalter

Während dem E200 oder auch beim R+E100 bei Umbauten oder nach Ende der Versuche über einen Schalter die Versorgungsspannung ausgeschaltet werden konnte, war dies in der X-Serie nicht mehr vorgesehen. Bei dem X1000 war die Batterie noch in dem bereits erwähnten Fach auf der Aufbauplatte untergebracht und wurde über einen Batterieclip direkt mit der Schaltung verbunden, was für einen Beginnerkasten noch ok ist. Ab dem X2000 war in dem Bedienpult die Batterie eingebaut. Die Anschlüsse lagen auf zwei Klemmfedern direkt nebeneinander (Gefahr von Kurzschluss). Ein Abschalten war nicht vorgesehen und musst auch dann noch über ein Ziehen einer Drahtbrücke vollzogen werden.

Gruß
Wolfgang
flo143
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Re: Essay: Die zweite Kosmotronik-Generation (X*000-Serie) ab '85 im Vgl. zur ersten Generation (E200 u. Co))

Beitrag von flo143 »

Hallo,
wolfgang hat geschrieben:Ab dem X2000 war in dem Bedienpult die Batterie eingebaut.
Die Batterie war erst ab dem X3000 im Bedienpult, da erst mit dem das zweite Poti kam. Der X2000 verwendete noch den Steckkontakt-Batterieclip aus dem X1000.

Ansonsten gebe ich dir aber absolut Recht, der fehlende Schalter war ein echter Rückschritt gegenüber den Vorgängern.

Liebe Grüße
Florian
wolfgang
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Re: Essay: Die zweite Kosmotronik-Generation (X*000-Serie) ab '85 im Vgl. zur ersten Generation (E200 u. Co))

Beitrag von wolfgang »

Stimmt. Der X2000 hatte erst mal ein Poti und den Lautsprecher.

Gruß
Wolfgang
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